25 Jahre Galerie Arbeiterfotografie small business Horst Hahn, Fotografien Galerie Arbeiterfotografie, Merheimer Str. 107, 50733 Köln 6. – 28. Mai 2015 geöffnet mi/do 19-21 Uhr, sa 11-14 Uhr und nach Vereinbarung Es erscheint eine Edition Eröffnung: Donnerstag, 6. Mai 2015, 19 Uhr in Anwesenheit von Horst Hahn (DGPh) Ansprache: Schriftsteller Erasmus Schöfer, Mitgründer und langjähriger Vorsitzender des „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ Musikalisches Intermezzo mit StrassenmusikerIn Lesung und Lied: Freitag, 22. Mai 2015, 19 Uhr Erasmus Schöfer liest aus seinem Romanzyklus „Die Kinder des Sisyfos“, Band 4 „Winterdämmerung“ aus dem Kapitel „Hüttentraum und Wirklichkeit“ über den Kampf um die Krupphütte Rheinhausen Mischi Steinbrück singt Lieder der Mondine (italienische Reisarbeiterinnen), Lieder über Arbeit und Liebe. UKB 10 Euro / erm. 3 Euro Filmabend: Freitag, 29. Mai 2015, 19 Uhr UKB 10 Euro / erm. 3 Euro Finissage: Samstag, 30. Mai 2015, 15 Uhr Vortrag Jos Deenen: „Über die Art des Reisens“ |
Eröffnung am 6. Mai 2015 in der Galerie Arbeiterfotografie in Köln (Fotos von Andreas Neumann) |
Erasmus Schöfer zur Eröffnung der Ausstellung Stichwort Arbeitswelt: Als Schriftsteller bin ich kein Fachmann für Fotografie, darüber kann ich nicht reden, aber über Arbeitswelt kann ich schon reden. Das verbindet mich mit den Fotografen der Arbeitswelt. Wir haben in den frühen 70iger Jahren ausgehend von Köln und Dortmund den Werkkreis Literatur der Arbeitswelt gegründet. Unsere Absicht war, möglichst viele arbeitende Menschen dazu zu bringen, sich auszudrücken, sich schriftlich auszudrücken, damit sie diese Informationen über die Arbeitwelt, die bis dahin fast verschlossen waren, nach außen dringen lassen. Wir haben immer gesagt: "Sie verlassen den demokratischen Sektor der Bundesrepublik bei den Betriebstoren", weil da keiner reinkam. Die Idee war, die, die dadrin waren, weil sie dort arbeiteten, sollten auch die Möglichkeit haben, sich so auszudrücken, zu schreiben - wenn sie das denn wollten - dass sie Öffentlichkeit in die Betriebe brachten. Dazu haben wir, die Autoren, die das Handwerk des Schreibens gelernt hatten - das waren Lehrer, das waren Journalisten, das waren Schriftsteller - Werkstätten gegründet, in den wir zusammen gearbeitet haben mit denen, die aus den Betrieben kamen und die oft schon auch in Schubladen etwas Geschriebenes zu liegen hatten, was aber bei der Gruppe 61 in Dortmund keine Aufmerksamkeit fand, weil es eher ungehobelt war und nicht so bearbeitet, dass man es anderen zeigen konnte. Dadurch habe ich diese Beziehung zur Arbeitswelt und die hat mich schon von Anfang an mit den Fotografen der Arbeitswelt verbunden. Und ich wußte natürlich auch, dass es in der Weimarer Republik eine sehr starke Arbeiterfotografie gegeben hat, so wie es auch Arbeiterkorrespondenten gegeben hat, und dass berühmte Fotografen hervorgegangen sind aus dieser Zeit, die dann aber nach 1945 weitgehend verschwunden waren. Bilder einer ausgestorbenen Arbeitswelt Der Werkkreis hat sich interessiert für kämpferische Fotografie der Arbeiterfotografen. Das war keine kontemplative Fotografie, die uns interessiert hat, sondern eine kämpferische, wie sie es in der Weimarer Republik auch gewesen ist. Da ging es um die Anklage der kapitalistischen Produktionsverhältnisse. Horst Hahn ist - so scheint mir - kein kämpferischer Fotograf, aber einer der Arbeitswelt schon - einer besonderen, bei uns fast unbekannten, weil ausgestorbenen Arbeitswelt. Dort wo er hingefahren ist, ist sie allgegenwärtig, denn die industrielle Arbeitswelt ist dorthin allenfalls importiert in Gestalt von Mopeds und Mobiletelefonen, wie es auf den Bildern zu sehen ist. So altmodisch wie uns diese Arbeitswelt erscheint, so altmodisch hat Horst Hahn sie aufgesucht, nämlich mit dem Fahrrad! Er ist ein Abenteurer, ein Kara Ben Nemsi und optischer Naturforscher - nicht der Landschaften, sondern der Menschen in ihren alltäglichen Lebenswirklichkeiten. Er hat auch anderes fotografiert (wie zahlreiche Kataloge zeigen), aber auf das, was wir hier sehen, trifft das zu. Fotos ohne technisches Brimborium Anders als Touristen, die von einer angepriesenen Attraktion zu nächsten eilen, im Pulk der Omnibusladungen, um sich dort vor irgendwelchen Tempeln oder Naturwundern knipsen zu lassen, ist Horst Hahn ein Alleingänger. Er ist zu Fuß durch die Wohnstätten der Armen gegangen, hat ihnen bei ihren Tätigkeiten oder Untätigkeiten im Vorbeigehn zugeschaut, mit ihnen geredet und sie ohne technisches Brimborium auf seinen Film geholt. Ja, Film, das kennt man hier gar nicht mehr. Mit analog arbeitender Kamera, analog auch dem benzinfreien Bewegungsmittel Fahrrad. In der nordafrikanischen Sahelzone, in Äthiopien, in Nepal, in Usbekistan, auch in Italien, auch in Australien und wer weiß wo überall noch, ist er als der Kara Ben Nemsi dieser südlichen Länder herumgereist. Eine mehrfach gezeigte Fotoausstellung hieß Carrara, und auch dies dürfte eine Safari durch die Arbeitswelt der Marmorbauern gewesen sein. Er hat vorfindliche Situationen ungeschminkt, brutal direkt in seine Bilder gebannt. Bilder von sozialer Unordnung Ich habe mich gefragt, ob Hahns Arbeiten so etwas wie engagierte Fotografie sind, also kritisch sprechende Bilder - im Unterschied zu kontemplativen, exotische Weltausschnitte betrachtenden, ausstellenden Impressionen? Und die nötige Antwort ist eindeutig: fast alle seine Bilder geben keine Ruhe. Sie beleuchten kritisch die Zustände, in denen die Einheimischen sich in den nachkolonialen, neoliberal ausgebeuteten Drittweltländern zu behaupten suchen, nicht armselig (in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes, dass man selig in seiner Armut sei), sondern fantasievoll oder auch stoisch-ausweglos. Selten kann man die Verhältnisse, in denen Hahn diese Menschen vorfindet, als geordnet verstehen - fast immer vermittelt sich der Eindruck von sozialer Unordnung, in denen sie sich allenfalls trotzig zu behaupten, zu überleben versuchen. Also berichten sie dem entdeckungswilligen Auge Geschichten vom Leben in Verhältnissen, in denen keiner von uns leben wollte, und provozieren damit Unzufriedenheit und Zorn - wenn denn klar ist, dass dort keine selbstverschuldete Armut herrscht, sondern die Folgen der unsere Länder begünstigenden neokolonialen Verhältnisse zu besichtigen sind. Bitteschön, schauen Sie sich das mal an, ob es stimmt. NRhZ-Fotogalerie zur Ausstellung: nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21582 NRhZ-Artikel mit der Eröffnungsrede von Erasmus Schöfer: nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21614 Anneliese Fikentscher interviewt Horst Hahn am 15.5.2015 im Bürgerradio Flok: soundcloud.com/stischmi/horst-hahn-small-business-in Artikel in der UZ vom 22.5.2015: 2015-05-22-uz-seite-11.pdf NRhZ-Artikel zum Filmabend mit Filmen von "Arbeit Und Film": nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21668 Flyer zur Ausstellung: 2015-25-jahre-horst-hahn-einladung-plakat.pdf Flyer 25 Jahre Galerie Arbeiterfotografie: 2015-25-jahre-faltblatt.pdf |
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